Studie einer Indischen Familie (2)

Studie einer Indischen Familie (2)

10 Tage inmitten einer Indischen Familie leben: Wie soll man dieses Abenteuer nur in Worte fassen?

Wie viele Worte werde ich alleine brauchen, um die Wohnung authentisch zu beschreiben, damit euch, liebe Leser, ebenfalls der Kardamom-Geruch in die Nase steigt, den die duftenden Gerichte in den unterschiedlichen Aluminiumtöpfen auf dem weissgrauen Fliesenboden verströmen, wenn sich alle Familienmitglieder dort drei Mal täglich zum Essen niederlassen?

Wie viele Worte werde ich allein brauchen, um zu beschreiben, wie angenehm kühl sich Luft aus der Klimaanlage auf der Haut anfühlen kann, wenn nachts bei 28℃ Aussentemperatur vier Personen plus Hund Teddy auf Kokosmatten in einem einzigen Zimmer auf dem Boden liegen und schlafen?

Wie viele Worte werde ich alleine brauchen, um die Schönheit der Menschen zu beschreiben, die mich hier umgeben, die langen schwarzen Lockenhaare von Shamili und Durga, der wunderschön leuchtende Grünton der Saribluse der Mutter Jothi und die braune Hautfarbe ihres zarten Nackens, der aufgrund des tiefen Rückenausschnitts sichtbar ist?

Wie viele Worte werde ich alleine brauchen, um den langen blütenweißen Lunghirock von Vater Govindaraj zu beschreiben, der seine langen Beine elegant umschlingt, was zusammen mit seinem nackten Kugelbauch am Morgen ziemlich witzig aussieht?

All diese tausende und abermals tausende Puzzlestücke meiner Eindrücke mit Worten zu beschreiben ist schier unmöglich, das wird mir gerade klar. Hier erreichen wir schlichtweg die Grenzen dessen, was Worte leisten können. Diese Geheimnisse werden sich nur demjenigen offenbaren, der das kostbare Geschenk erhält, in der Reihe dieser Familie leben zu dürfen. Und doch werde ich versuchen, euch mit Bildern und meinen Eindrücken mit auf die Reise in dieses Abendteuer zu nehmen.

Grundregel # 1 in Indischen Familien : Null Privatsphäre

Eines der charakteristischsten Merkmale Indischer Familien ist, dass man sehr schnell und mit aller Wucht folgendes unausweichliche Gesetz akzeptieren muss: Es gibt Null Privatsphäre 😀😀 Im Laufe der 10 Tage lerne ich schnell, dass die einzige Privatsphäre, die man inmitten einer Indischen Familie hat, diejenige ist, wenn man im Badezimmer die Türe hinter sich verriegelt und dort, wenn es gut läuft, 5 Minuten seine Ruhe hat. 

Nach meiner Ankunft in der 3-Zimmer Wohnung von Familie Govindaraj, die sich in einem gelben dreistöckigen Mehrfamilienhaus in einer Seitenstrasse nahe des Tiruvanmiyur Strandes in Chennai befindet, schafft es Durgas Erläuterung der Schlafsituation für die kommenden 10 Tage direkt in die Kategorie Kulturschock 😁:

Durga und ich stehen in einem Nebenräume, die vom Wohnzimmer mit einer eigenen Türe abgetrennt sind. In dem Raum steht ein schönes Holzbett und es liegt zudem an der gegenüberliegenden Wand eine dicke Steppdecke ausgerollt auf dem Boden. Durga hat sie extra für mich gekauft, damit ich mich wohlfühle. Ich kombiniere also, basierend auf meiner Gewohnheit als Europäerin, dass das wohl das Gästezimmer sein muss. Ich nehme an, dass die Steppdecke noch auf das Bett gelegt wird und ich dann in dem Holzbett schlafen werde. Alleine. Nur ich, das Bett, die Steppdecke, die 2 Schränke und der kleine Schreibtisch in diesem Zimmer. Ich frage also zur Überprüfung meiner todsicheren Annahme, dass ich hier gleich meinen Rucksack auspacken und mich gemütlich einrichten kann, ob ich in dem Holzbett schlafen werde. Da erwidert Durga nebensächlich: “Nein, in dem Bett schläft mein Vater”. 

Ich lache, weil diese Antwort überhaupt nicht in meinem Szenarienkatalog an erwarteten Antworten vorkommt und runzle irritiert die Stirn. Sicherlich habe ich meine Frage nicht verständlich gestellt und hake nach, wie sie das meint. Es könnte ja auch sein, dass sie mich gerade veräppelt, vielleicht ist das ein Indischer Sinn für Humor, den ich noch nicht kenne. Das sind jedenfalls die zwei einzigen logischen Erklärungen, schlussfolgert mein Gehirn. 

Wie man in Indien schläft: Eine Schritt-für-Schritt Anleitung für Ausländer

Durga strahlt mich an, die Freude angesichts meiner Ankunft steht ihr immer noch derart ins Gesicht geschrieben, es ist berührend. Sie beugt sich ausgelassen unters Bett und zieht eine hellbraune Kokosmatte hervor. Sie legt die Matte zwischen Bett und Steppdecke und erklärt mir, indem sie ihre Worte mit grossen Handgesten untermalt: “Hier schläft mein Vater (sie zeigt auf das Bett), hier schläft Shamili und meine Mutter (sie deutet zweimal auf die Kokosmatte) und hier schläfst du (sie zeigt auf die dicke Steppdecke). Das ist der einzige Raum in der Wohnung mit Klimaanlage.” Schlagartig wird mir die Bedeutung dieser unerwarteten Information klar und ich lache etwas hysterisch. Durga macht keine Scherze. Das kann ich ihr ansehen. Sie ergänzt: “Teddy schläft auch bei euch. Nur ich schlafe in einem anderen Raum, da ich morgens um 3:30 Uhr aufstehe und meditiere und niemanden stören möchte.”

Ich verziehe mein Gesicht zu einem schiefen Lächeln und eine Reihe aufgeregter Gedanken schießen durch meinen Kopf: Ich kann nicht glauben, dass die Familie auf dem Boden schläft. Auf einer dünnen Kokosmatte auf dem kalten harten Fliesenboden! Das ist doch total unbequem. Ich kann auch nicht glauben, dass es dem Vater vorbehalten ist, auf dem einzigen Bett zu schlafen, während alle Frauen zu dessen Füssen auf dem Boden schlafen müssen. Ich ahne, welch patriarchale Familienordnung hier herrscht und finde den Gedanken ziemlich unerträglich. Das alles habe ich mir so ganz und gar nicht vorgestellt. Ich will ein eigenes Zimmer!

Der Praxistest

Ich spule mal etwas in der Geschichte vor: Ich entscheide, dem ganzen Set-up eine Chance zu geben, schließlich bin ich ja hier, um meinen kulturellen Horizont zu erweitern. Ich möchte das Ganze mindestens eine Nacht testen und am nächsten Morgen auswerten, wo die Erfahrung auf einer Skala von 0 bis 10 landet (0 extrem unerträglich, ich brauche ein Hotel) und 10 (am liebsten würde ich für den Rest meines Lebens so schlafen).

Am nächsten Morgen wache ich auf und bin überrascht: Tatsächlich habe ich gut geschlafen, der Raum war trotz aller Menschen und dem Hund mucksmäuschenstill, keiner war am Schnarchen, der eine Furz des Vaters inmitten der Nacht ist verschmerzbar, und ich bin extrem dankbar für die Klimaanlage und die Steppdecke ist wirklich super bequem. Ich gebe der Erfahrung sehr überrascht eine 5!

Im Laufe der Woche erzählt mir Shamili, dass sie früher eine Zeitlang diejenige Person war, die auf dem Holzbett geschlafen hätte, da sie aber Rückenschmerzen bekommen hat, schlafe sie jetzt lieber auf dem Boden und seitdem sind ihre Schmerzen verschwunden. Dies wäre sogar auf Anraten eines Arztes geschehen. Wir besuchen im Laufe der Woche einige Verwandte und Bekannte der Familie in der Umgebung im Stadtviertel und ich stelle erstaunt fest, dass alle Familien das exakt gleiche Set-up beim Schlafen haben: die ganze Familie schläft in einem einzigen Raum auf Kokosmatten, nur ein Bett steht an der Seite und abgesehen vom Schrank gibt es keine Möbel, da sich der Fliesenboden nachts mit Menschen füllt. Ich muss sagen, in indischen Familien sollte man wirklich keine grossen Berührungsängste haben (oder allzu viel Wert auf Privatsphäre legen) 😉.

Das Fazit: 

  1. Es ist gut, wenn man eine Skala hat, auf der man neue Erfahrungen einstufen kann und mit dieser Skala vorschnelle Abwehrreaktionen verhindert, insbesondere wenn man gerade fremde Kulturen kennen lernt
  2. Privatsphäre ist ein Privileg
  3. Nur weil für mich etwas selbstverständlich ist, heisst das noch lange nicht, dass es das auch für andere Menschen auf diesem Planeten selbstverständlich ist
  4. Mir gefällt die Nähe, die sich eine Familie durch die gemeinsame Schlafstätte schenkt, z.B. wenn Shamilis Arm nachts zu mir rüberwandert oder sie meine Hand vor dem Einschlafen streichelt
  5. Es ist berührend, in einem Raum voll liebgewonnener Menschen zu schlafen, ihre Atmung zu hören, ihr Vertrauen zu spüren, sich gegenseitig so schutzlos auszuliefern und Teil davon sein zu dürfen

Alles Liebe,

Eure Salome

Studie einer indischen Familie (1)

Studie einer indischen Familie (1)

10 Tage habe ich inmitten einer indischen Familie in Chennai verbracht, im Staat Tamil Nadu. Die Anprobe meines neuen Saris anlässlich des 9-tägigen Hindu-Festivals Navaratri haben wir gerade beendet, als ich mich zum Schreiben dieses Artikels auf die Kokosmatte auf dem angenehm kühlen Fliesenboden niederlasse. Wir haben uns für die schillernde pinkorange Version mit der knallgrünen Bluse entschieden, die ich morgen samt Unterrock und Schmuck tragen darf. Der Sari gehört Mutter Jothi und sie ist so freundlich, mir ihr hübsches Gewand auszuleihen.

Navaratri wird in ganz Indien 9 Tage lang gefeiert zu Ehren der Göttlichen Mutter Durga und an jedem der 9 Festtage wird eine andere Gottheit verehrt. Morgen Abend werden wir ausgehen und Nachbarn und Freunde der Familie besuchen. Der Raum, in dem ich sitze, war eben nochm erfüllt von ausgelassenem Gelächter, tausend bunte Saristoffe waren auf dem Boden verteilt, Jodhi sass vor dem geöffneten Kleiderschrank und hat energisch Blusen für mich ausgewählt und zum Anprobieren aufgefordert und ihre Töchter Shamili (28 Jahre) und Durga (33 Jahre) haben in einer ausgelassenen Stimmung ihre Meinung dazu lautstark kundgetan. Ich liebe diese Momente. Ich freue mich, dass wir uns alle einen Spaß daraus machen, uns für Navaratri mit traditionellen indischen Kleidern zu schmücken und zusammen das Leben zu genießen. 

Aber jetzt einmal ganz von vorne…

Wer sind eigentlich diese Menschen, in deren Mitte ich 10 Tage leben darf? Wer sind diese Menschen, die mich wie ein Familienmitglied aufgenommen und in ihrer 3 Zimmerwohnung an der Küste der Megacity Chennai (6. grösste Stadt Indiens, mehr als 12 Mio Einwohner) als Gast empfangen haben? Alles begann so: Vom 6. bis 15. September 2023 war ich Kursteilnehmerin im Temple of Consciousness in Aliyar und habe dort drei sensationell interessante Kurse besucht, den Kundalini Awakening Foundation Course, und Introspection 1 & Introspection 2. Dort hat mich beim Mittagessen eine quirlige junge Inderin angesprochen namens Shamili und mich seit diesem Treffen nicht mehr aus den Augen gelassen; bei jedem zufälligen Kreuzen unserer Wege auf dem Campus hat sie mir mit heller fröhlicher Stimme zugerufen und winkend auf sich aufmerksam gemacht, ist auf mich zugekommen und hat mich umarmt und geherzt und mich ein Stück des Weges begleitet. Und eines Tages war es dann ich selber, die ihr aus dem Fenster des 1. Stocks im Trainings Center fröhlich zugewinkt und lautstark auf sich aufmerksam gemacht hat, als sie am Gebäude vorbeilief, um mit ihr ein herzliches Lachen auszutauschen. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass sie mein Herz gewonnen und wir Freundinnen geworden waren. 

Ich liebe die Herzlichkeit der Inderinnen

Die Herzlichkeit der Inderinnen ist oft von enorm berührender Qualität und eine Quelle großer Freude. Körperkontakt spielt in jeder Begegnung eine große Rolle, die Hände finden sich automatisch und Finger werden ineinander gehakt, Küsschen auf die Wange geküsst und ganz viel Nähe im gegenseitigen Austausch geschenkt; ich habe viele Inderinnen von jung bis alt dabei beobachtet, wie sie Händchen haltend die Straße entlang liefen, weil sie ihre Zusammengehörigkeit in diesem Moment genossen und als Verbündete allem trotzten, was auch immer ihrer Wege kommen mag. Ich liebe diese Form der gegenseitigen Begegnung. Ich bin ganz sicher in einem früheren Leben ebenfalls eine Inderin gewesen, weil diese Wesensart mir so sehr entspricht und gefällt…oder aber sie war schon immer Teil der DNA von uns Menschen allgemein, bis wir uns vom ursprünglichen Verhalten der Säugetieren immer weiter entfernt haben. Heute ist das natürliche Bedürfnis von Körperkontakt und dessen gesunden hormonellen Begleiterscheinungen (Ausschüttung von Oxytocin und Serotonin bei Berührungen) oft so weit aus unserer (Europäischen) Gesellschaft verdrängt, dass wir in der Vereinzelung gelandet sind und uns immer weniger spüren und spüren lassen. Einsamkeit und soziale Störungen wie Depressionen sind die Folgen und mittlerweile ein globales Phänomen.

In Indien jedenfalls gefällt mir die indische Art von Begegnungen von Frauen untereinander außerordentlich gut und Shamili hat mein Herz mit ihrer einladenden und fröhlichen Art im Sturm erobert. Am selben Tag, als sie ihren Kurs beendete und mit dem Flugzeug zurück nach Chennai abgereist war, kam ihre Schwester Durga aus Chennai angeflogen für einen anderen Kurs. So habe ich Durga kennen gelernt, was die zweite außergewöhnliche Begegnung mit einem Mitglied dieser besonderen indischen Familie war.

Durga nahm an einem “Moanam” Kurs teil, was bedeutet, dass sie die gesamte Aufenthaltsdauer dort zum Schweigen verpflichtet war. Wir haben uns auf eine Art und Weise kennengelernt, die wahrhaft ungewöhnlich ist: ich habe mit ihr gesprochen und sie hat mit Nicken oder Kopfschütteln geantwortet oder bei totalen Verständigungsschwierigkeit ihre Antworten auf Englisch in unseren Whatsapp Chat getippt. Es muss ein lustiger Anblick gewesen sein, wie ich auf sie beim Mittagessen eingeredet habe und sie mir schweigend zugehört und dann als Reaktion auf ihrem Handy herumgetippt hat. Wir haben auf diese Art erstaunlich tiefgründige Gespräche geführt und ebenfalls eine tiefe Verbindung zueinander entwickelt. Durga ist eine wunderschöne und feinfühlige Frau und wir sind uns in vielen fundamentalen Ansichten im Leben einig.

Bei unserem Abschied im Temple of Consciousness hat Durga mich zu sich nach Hause eingeladen, nach Chennai, wo sie mit Shamilie, ihren Eltern und dem kleinen weißen Spitz Teddy wohnt. Wir haben uns nach dem Kurs zunächst in alle Himmelsrichtungen verstreut, die Schwestern zurück nach Chennai und ich nach Sri Lanka. Wenige Tage später nach der Verabschiedung erreichen mich diese berührenden Worte von Durga:

Our friendship happened only in a few days, but I will cherish it forever. Please try your best to come visit us in Chennai.”

Und das habe ich dann auch getan.

Fortsetzung folgt.

Alles Liebe,

Eure Salome

Das Meditations Bootcamp

Das Meditations Bootcamp

Also wenn es einen Blog Artikel gibt, der richtig in der Kategorie «Crazy Fun Shit” verortet ist, dann ist es dieser hier 😆 Ich möchte gerne über meine Erfahrungen mit der sogenannten “Kathartischen Meditation” berichten, die im Meditation & Silence Retreat der Nisala Foundation & Center for Energy and Consciousness Studies in Sri Lanka, Udadumbara, praktiziert wird. Das ist nur etwas für starke Nerven, soviel sei vorab gesagt.

Wie hat alles angefangen?

Beim Frühstück im Wild Child Cafe in Tiruvannamalai erzählt mir Aaron, ein Reisender auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, dass er Katharsis in einem Meditations Retreat erfahren hat. Das Besondere an dem Retreat war, dass man seine Frustration als Gruppe 15 Minuten lang an eine Wand herausbrüllen musste. Kurz zur Info, weil ich es auch erst einmal googeln musste: Katharsis ist ein altgriechisches Wort und bedeutet “Reinigung”. Es bezeichnet in der Psychologie den Vorgang des Sichbefreiens von psychischen Konflikten und inneren Spannungen durch emotionales Abreagieren. Dadurch verlieren unterdrückte Gefühle ihre störende Wirkung, da sie frei geäußert und abreagiert werden dürfen. Soweit sogut, ich war also schonmal äusserst interessiert an dem Ganzen!

5 Wochen später sitze ich in der Meditationshalle des Kathartischen Meditations Retreats in Sri Lanka und bin gespannt auf meine eigene ganz persönliche Katharsis. Bevor an Tag 3 von insgesamt 4 die kathartischen Meditationsrunden beginnen, lernen wir an Tag 1 und 2 erstmal die Shoonya Meditation kennen, die eine Buddhistische Meditationsform ist und kultiviert, wie man aus einem “Witnessing Consciousness“ (Zeugenbewusstsein) heraus seine eigenen Gedanken neutral betrachten kann. Das Ziel: man kann damit aus energieaufwändigen Dynamiken der eigenen Gedankenkarusselle aussteigen. Im Klartext bedeutet das, anstatt sich den Kopf über Dinge zu zerbrechen, in langwierigen bewertenden Grübeleien abzudriften oder sich in aufwühlenden Emotionen zu verlieren, macht man im Shoonya Zustand einen Schritt zurück und betrachten sich selbst wie aus der Vogelperspektive. In diesem Zustand gibt es keine Gedanken und Bewertungen mehr, dieser Zustand ist das reine sachlich wahrnehmende Bewusstsein. 

Shoonya Meditation – als neutraler Zeuge die Welt wahrnehmen

Unser Meditationslehrer Ancharin erklärt uns den Shoonya Zustand anhand eines Beispiels: er stellt eine weisse Tasse vor sich auf den Tisch und fragt: “Was könnt ihr sehen?” Wir antworten, dass wir eine weisse Tasse sehen und Ancharin fragt, woher wir das wissen. Wir antworten, dass es eine weisse Tasse ist, weil es wie eine Tasse aussieht und die Farbe weiss hat. Er fragt uns, wer gesagt hat, dass Tassen so aussehen und woher wir wüssten, dass die Farbe weisst ist. Das geht so eine Weile weiter, bis wir gar nichts mehr wissen und zweifeln, ob das Objekt vor ihm wirklich eine Tasse ist 😆 Genau an diesem Punkt stoppt Ancharin und wird still. “Genau”, sagt er, “wir ordnen alles ein, was wir sehen, in mental konstruierte Kategorien der Beschreibung und Bewertung. Aber was wir hier wirklich wahrnehmen können, ist lediglich eine Ansammlung von Energie in einer verdichteten Form.” Mit Shoonya trainieren wir die urteilsfreie Wahrnehmung und bringen damit einen heilsamen Abstand zwischen uns Selbst und unsere Gedanken. “You need to remove yourself to see the ultimate consciousness”, sagt er mit einem leicht diabolischen und trotzdem charmanten Lächeln und genau das üben wir dann 17 Stunden lang am Tag in Form von Sitz-und Gehmeditationen.

Tag 3. Ich bin bereit. Die Katharsis kann beginnen.

Wir werden in das eigens für die kathartische Meditation gebaute Gebäude auf dem Hügel des Geländes gebracht. Es ist schalldicht. Es hat hohe Wände. Fenster gibt es nur oben unter dem Dach. Was hier drinnen passiert, soll hier drinnen bleiben. Wir machen eine Meditation, dann stehen alle auf, suchen sich eine Stelle vor der Wand und Ancharin gibt mit strenger Stimme das Signal: “Now everyone shout and cry”. Was sich nun abspielt, ist jenseits von allem, was ich jemals erlebt habe. 30 Menschen beginnen sich ihren tiefsten Lebensschmerz von der Seele zu brüllen, Menschen um mich herum brechen zusammen vor Weinen und liegen gekrümmt und schluchzend auf dem Boden. Ich höre grelle Schreie der tiefsten Verzweiflung von Frauen, die wie Schreie gequälter Babystimmen klingen, die einem durch Mark und Bein gehen. Zeitgleich bin ich selber am Brüllen und erlebe, wie Themen plötzlich aus meinem Unterbewusstsein an die Oberfläche ploppen, wie kleine Luftballons, die ich erfolglos versuche, unter Wasser zu drücken. Erinnerungen schießen in meinen Kopf und treiben mir die Tränen in die Augen; ein Film spielt sich vor meinen Augen ab bestehend aus Gesichtern von Menschen, seit frühester Kindheit bis zur Gegenwart, die mich zutiefst verletzt haben, mich klein gemacht haben, über mich gelästert haben, mir im Wege stehen. Ich brülle diese Menschen an, ich brülle sie an, ich brülle sie an, ja, ich brülle sie an, ganz aus tiefster Seele.

Wut, die wie Luftballons zerplatzt

Dieser Ablauf wiederholt sich 3 mal im Laufe des Tages. Es ist bizarr, mit jeder Runde wird es mir leichter ums Herz. Es ist, also ob die Luftballons an die Wasseroberfläche drängen und ich endlich aufhöre, sie runterzudrücken, und in diesem Moment nehmen sie volle Fahrt auf, schiessen aus dem Wasser heraus und zerplatzen dann einfach in der Luft! Was bleibt, ist Platz, so viel mehr Platz. Am Ende des Tages schließen wir mit einer Lach-Runde ab, was ein wahrhaft absonderlicher Abschluss des Ganzen ist. Alle Teilnehmer lachen 15 Minuten lang und der Raum erklingt voller Töne von herzlichem bis äusserst hysterischem Lachen. Nach einem 18 Stunden Tag falle ich todmüde ins Bett. Etwas Verrückteres habe ich selten in meinem Leben erlebt. Aber verrückt ist gut, denn es ver-rückt die Dinge auf einen neuen Platz. Und das ist gut.

Ein wirklich abgefahrener Ansatz…

Rückblickend kann ich sagen, dass das Meditations Retreat sicherlich zu den abgefahrensten Ansätzen gehört, mit denen ich bisher experimentiert habe auf meinem ganz persönlichen Weg der Erleuchtung. Es ist eine brachiale, aber in der Tat äußerst effektive Methode und ich bin dankbar, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Interessanterweise hat sich nach dem Retreat meine Verdauung reguliert, die ich bis dahin nur mit der Zufuhr ayurvedischer Präparate in Balance halten konnte. Für mich ein Zeichen, dass sich eine Reinigung bis in den biologischen Körper vollzogen hat, vom mentalen und energetischen Körper ausgehend. Daher also für alle zu empfehlen, die offen sind für eine gute Portion crayz, fun Shit 😀

Wer mutig ist: Hier ist der Link zur Nisala Foundation. Es gibt auch Online Retreats 😉

Alles Liebe,

Eure Salome

Vishwa Sishyha Vidyodaya School – The School of Rising Knowledge

Vishwa Sishyha Vidyodaya School – The School of Rising Knowledge

Es gibt einen Ort in Indien, der trägt den wunderschönen Namen “Schule des aufgehenden Wissens”. Ich liebe es, dass Shantha ihrer Schule diesen Namen gegeben hat.

Es gibt einen Ort in Indien, wo eine mutige Frau namens Shantha aus eigener Kraft auf einem Stück Land voller Palmen eine Schule erbaut hat und mit ihrem visionären Geist der Leuchtturm für die Menschen an dieser Schule  ist.

Es gibt einen Ort in Indien, an dem fünf wundervolle indische Frauen ein Leadership Team formen und zusammen eine Schule leiten mit enormer Stärke, Liebenswürdigkeit, Offenheit, Opferbereitschaft, Freundschaft, Humor und Kompetenz.

Es gibt einen Ort in Indien, wo Schüler darin begleitet werden, die beste Version ihrer Selbst zu werden.

Es gibt einen Ort in Indien, wo jedes einzelne Kind darin gefördert wird, eine tiefe Liebe zu sich selbst zu entwickeln und auch zu anderen, um erfolgreich und glücklich in einer sich schnell verändernden globalen Gemeinschaft zu sein.

Es gibt einen Ort in Indien, an dem Schüler Yoga als Unterrichtsfach haben, damit sie gesund und achtsam aufwachsen können.

Es gibt einen Ort in Indien, den ich sehr mag. 

Dieser Ort trägt den Namen Vishwa Sishyha Vidyodaya School.

Er befindet sich in Pollachi, nahe Coimbature, und Shantha Kalingarayar hat ihn erschaffen.

Unter “About Us” und “Mission & Values” kann man auf der Webseite der Schule nachlesen, was ich oben geschrieben habe (Link zur Webseite).

Wer genau ist nun diese Person, die diesen Ort erschaffen hat? 

Es bedarf einiges an Mut und Entschlossenheit, als Indische Frau in einer patriarchalen Kultur allen Widerständen zu trotzen und die Gründung einer Schule zu realisieren, damit sie eine gute Heimat für das eigene Kind und für viele weitere Kinder werden kann. Shantha Kalingarayar hat mit ihrer hervorragenden Beobachtungsgabe und einem untrüglichen Gespür für Talent Menschen um sich versammelt, die ihre Schule zum Leben erwecken und zu einem Ort von Bildung auf hohem Niveau machen. Es bedarf darüber hinaus auch ein enormes Maß an Intelligenz und mentaler Stärke, diesen Ort und mittlerweile drei weitere Schulen, seit vielen Jahren mit Erfolg zu führen, inmitten eines Umfeldes, das von Korruption und Hindernissen geprägt ist. 

Ich habe diese besondere Frau, Shantha Kalingarayar, kennengelernt als eine Frau, deren Charakter von Grosszügigkeit und Offenheit geprägt ist. Auf Reisen kauft sie nicht die üblichen Souvenirs als Erinnerungen, sondern kleine Bäume, die auf dem Schulgelände angepflanzt werden. Den Kern ihres Wesens kann man auf diesem Bild erkennen: Liebe und Wärme in Fülle.

Danke Shantha, dass du die Türen zu deiner Schule, deinem Haus, deinem Leben, deinen Gedanken und deinem Herzen für mich geöffnet hast.

Danke Shantha, dass du auch meine Talente erkannt und gefördert hast und mir die Gelegenheit angeboten hast, mit 300 deiner SchülerInnen in Verbindung zu treten und eine Rede zu halten, warum ich nach Indien gekommen bin.

Danke Shantha, dass du mir bei unserem Lebewohl die schönste Verabschiedung meines Lebens geschenkt hast mit deinen Worten: “Salome, I love you and I love you and I love you.”

Ich wünsche mir, dass Menschen noch weit über die Grenzen deiner Schule hinweg von deinem inspirierenden Wirken erfahren und hoffe, mit diesem Artikel einen Teil dazu beizutragen.

Alles Liebe,

Salome

Temple of Consciousness – Der Tempel des Bewusstseins

Temple of Consciousness – Der Tempel des Bewusstseins

Vom 06. bis 15. September 2023 war ich Schülerin im Temple of Consciousness in Aliyar, in der Nähe von Coimbature im Südindischen Staat Tamil Nadu. Es gibt dort wirklich einen Ort, der “Tempel des Bewusstseins” heisst. Ist das nicht GENIAL?

Ein Tempel des Bewusstseins also.

Ein Ort, an dem Bewusstsein unterrichtet (!) wird.

Ein Ort, an dem alle erkannt haben, dass Bewusstsein DER ZENTRALE KERN im Leben ist und dass es ausschließlich der Grad an Bewusstsein ist, der darüber bestimmt, wie glücklich und frei man ist.

Ein Ort, der also eine so starke Anziehungskraft auf mich ausübt, wie ein 10 Tonnen schwerer Magnet.

Als ich von Ananthi im Ayurveda Retreat davon erfahren habe, dass es solch einen Ort gibt (mein ewiger Dank gilt Dir für diesen Hinweis!), war klar, dass ich UNBEDINGT UNBEDINGT UNBEDINGT dort hinreisen muss.

Gegründet hat ihn Shri Vethathiri Maharishi (1911–2006), spiritueller Führer und Gründer des „World Community Service Centre“. Das Hauptziel des Zentrums ist „Weltfrieden durch individuellen Frieden“ zu erreichen. GENIAL. Ein College für Yoga hat er auch ins Leben gerufen. Man kann dort einen B.Sc oder M.Sc in SKY Yoga machen (SKY = Simplified Kundalini Yoga). Und das hier ist Vethathiri (ich finde er sieht ziemlich witzig aus mit seiner Hornbrille und den zerzausten Haaren):

Er war der Sohn einer mittellosen Weberfamilie, der aus eigener Kraft Lesen und Schreiben gelernt hat, viele unterschiedliche Jobs im Laufe seines Lebens hatte (Textilunternehmer, Regierungsangesteller, Ayurveda Arzt) und am 9. Januar 1975 in New York, USA, eine großartige Rede vor der UNO gehalten hat mit der Forderung, dass Frieden auf der Welt nur entstehen könne, wenn wir als Menschheit durch spirituelle Reifung eine wertebasierte Gesellschaft erschaffen:
The development of spiritual knowledge only will enable mankind to share all the needs [food, shelter, clothes] with love, respect and responsibility.”

Hier der Link zur ganzen Rede

Kurse im Temple of Consciousness

Beginners Foundation Course

Man kann im Tempel of Consciousness diverse Kurse besuchen; der Grundlagenkurs für Anfänger ist als Einstieg sehr gut geeignet und umfasst Kursinhalte wie Stress Management, Kundalini Meditation, Ernährung und Atemtechniken. Man macht viele praktische Übungen und beginnt und beendet jeden Tag mit SKY Yoga. Ein echtes Anti-Aging Elexir! Auch als Onlinekurs verfügbar (Link zum Onlinekurs).

Introspektion I-III

In den Introspektionskursen lernt man Zweck & Philosophie des Lebens, Mind Management (Analyse von Gedanken, Neutralisierung von Wut), Segnungen & Wellentheorie oder Wer bin Ich. Es werden zahlreiche Meditationstechniken unterrichtet, wie zum Beispiel Agna oder Thuriam Meditation. Wechselnde ReferentInnen aus ganz Indien machen das Programm sehr bunt und vielseitig und es gibt viele Gegebenheiten, Fragen zu stellen. Ein sehr empfehlenswertes Programm, auch als Onlinekurs verfügbar (Link zum Onlinekurs).

Bücher von Vethathiri Maharishi

Einer meiner Lieblingsorte im Temple of Consciousness war die Bibliothek. Dort kann man seine Nase in tolle Bücher und Zeitschriften stecken. Es gibt eine großartige Kinderbuchreihe „Value Education for Health, Happiness and Harmony” für Kinder (auch für Erwachsene geeignet 😉), wo in einfachen Lektionen wichtige Themen wie Liebe & Mitgefühl, Entspannung, Schönheit der Natur, Gesundes Essen u.v.m. erklärt werden. Hier das Inhaltsverzeichnis aus Standard V:

Im hohen Alter von 87 Jahren hat Vethathiri die 1. Auflage des Buches “Logical Solutions for the Problems of Humanity” (2022) veröffentlicht und dabei seine ganze Lebensweisheit zusammengefasst und geteilt. Ein tolles Buch, das die gesamte Lebenserfahrung eines Menschen enthält, den man als Leuchtfigur bezeichnen kann (oder vielleicht sogar als erleutete Figur?). So schreibt er in der Zusammenfassung auf Seite 93:

“Now the time has come for mankind to understand the Values of Nature, Society and Self and live happily and peacefully. The world is one and all a born, live and die on the same earth. There is only one sun by which all life is made and maintained. […] All people are conceived and nurtured only by women. In every male female birth both genetic values are intertwined. What is the reason for dividing the people into groups by the concepts of religion, caste or race? All are arbitrary and prejudiced distinctions. […]

By turning the mind inward everyone will attain enlightenment. […] With all my experience of life from 87 years I have found the truth that as a human being I am a unit of the world community and a product of the Divine Nature. I request the reader to neglect the unacceptable points [in this book] and hope he may make use of the ideas he finds to be creative and worthy. I wish to share happiness with all of you, my dear friends.“

Lassen wir diese Worte in unsere Herzen sinken. Wir sind alle eins, wir sind alle verbunden, wir sind ein Teil der Natur, wir sind die Natur selber. Diese schlichte und tiefgreifende Erkenntnis ist der Schlüssel zu einer friedvollen Zukunft auf dieser Erde.

Ein echter Ohrwurm: Der World Peace Song!

Vethathiri hat einen World Peace Song aufnehmen lassen von einem Sänger in der lokalen Sprache Tamil; das Lied wird jeden Tag zum Abschluss der Meditationen abgespielt. Sein fröhlicher Rhythmus ist mega ansteckend mit einem ekstatischen Ende versehen und meine Zehen wackeln immer mit, wenn ich das Lied höre. Im Video dazu seht ihr auch einige Bilder vom Temple of Consciousness.

Hier gehts zum Song

Vazhga Valamudan,

(das sagt man im Temple of Consciousness statt Hallo & Tschüss und es bedeutet “Sei gesegnet vom Göttlichen und lebe glücklich und in Wohlstand”)

Deine Salome

Das „Innere Kind Restaurant“ in Tiruvannamalai

Das „Innere Kind Restaurant“ in Tiruvannamalai

Am Anfang ist der Name dieser indischen Stadt ein wirklich unaussprechlicher Zungenbrecher… ich blamiere mich bei jedem Versuch, es trotzdem zu tun… und dennoch… irgendwann meistert man den Rhythmus des Wortes und dann erklingt die Melodie wie eine Schaukel, die an einem Baum im Abendwind fröhlich hin- und herschwingt… Tiruvannnnnamalai… Tiruvannnnnnnamalai…. dein Name ist so zart und lieblich wie die Augen von Sri Ramana Maharshi, der Mann, der dich geprägt hat wie kein anderer. Der Mann auf dem nachfolgenden Bild ist er.

Schaut euch das Bild einmal genauer an und lasst es auf euch wirken.

Es gibt eigentlich nichts weiter dazu zu sagen. Ich finde, eine beispiellose Tiefe an Liebe und Mitgefühl spricht aus seinem heiteren Lächeln. Seine Haut wirkt so weich und zart. Er zeigt sich so, wie er ist, mit Falten, mit Altersflecken, mit nackter Haut. Sein Gesicht ist natürlich schön und er strahlt so dermaßen aus seinem Inneren heraus, dass es mich jedes Mal aufs Neue umhaut. Er schaut mir direkt in die Augen und seine Energie fließt in mich über und berührt mich im Kern.

Man sagt, er habe lieber geschwiegen als zu sprechen. Auch das finde ich ziemlich cool an ihm.

Diese Stadt also mit dem melodischen Namen ist in vielerlei Hinsicht besonders. Es gibt dort viele besondere Orte. Zwei dieser besonderen Orte habe ich auf meiner Reise entdeckt und besonders geliebt:

Das „Wild Child Café“ und das „Inner Child Restaurant“

Ein Ort wird dann zu einem besonderen Ort, wenn er einem ein besonderes Gefühl schenkt. Das Wild Child Café und das Inner Child Restaurant sind solche Orte. An diesen Orten geht es um mehr als nur Essen – das ist natürlich auch ein Teil, und das vegetarische Essen dort ist wirklich verdammt lecker, aber ich habe dort Qaulitäten wie Geborgenheit, Entspannung, Gemeinschaft, Grenzenlosigkeit, Fortschritt, Kreativität, Umbruch, Unkonventionalität und allem Freiheit erlebt.

Ein paar Schnappschüsse aus meiner Erinnerung, wenn ich an diese besonderen Orte zurückdenke:

  1. Ich sehe beim Frühstück im liebevoll gestalteten Garten des Wild Child Cafes, wie eine erwachsene Frau einen Baum inspiziert. Sie berührt seinen Stamm und entscheidet dann, auf ihn hinaufzuklettern. Sie macht es sich zwischen den Ästen hoch oben gemütlich und lehnt sich dort in den Baum hinein, als ob er eine gemütliche Hängematte wäre. Ihre Beine baumeln unbeschwert links und rechts im Wind, sie schliesst entspannt ihre Augen und die Gäste ringsherum frühstücken fröhlich und kommentarlos weiter.
  1. Ich beobachte, wie an der Tischgruppe auf der anderen Seite des Gartenweges im Wild Child Cafe die Gäste, die jeden Morgen zusammen dort in den Tag starten, mit bunten Wassermalfarben und schwarzer Tinte abstrakte Kunstwerke auf Zeichenpapier zaubern und ihre Kunstwerke gegenseitig bestaunen. Plötzlich taucht ein Mann die Schreibfeder in das Tintenfass und malt der Französin, die ihm gegenüber sitzt, sorgfältig einen Schnurrbart ins Gesicht. Der Schnurrbart steht der Frau mit den zarten Gesichtszügen außerordentlich gut und alle bestaunen die Verwandlung. Es ist wie eine Vermischung geschlechtsspezifischer Eigenschaften, die eine ganz neue, einzigartige, lebende menschliche Kunstform ergeben. Die Frau trägt den Schnurrbart noch beim Verlassen des Cafes und ich sage ihr, sie sollte den Bart öfter tragen, denn er stehe ihr sehr gut.
  1. Ich betrete mit meiner Freundin Tatiana das erste Mal das Inner Child Restaurant und zu unserer Rechten begrüsst uns ein rötlich glänzendes Bücherregal aus Holz, das voll ist mit Büchern über Ramana, Osho, Yoga und vielen anderen Themen, die für spirituelle Indien-Fans interessant sind. Tatiana und ich lächeln uns zu, weil wir uns wortlos verstehen und spüren, dass wir im Laufe der Woche noch öfter an diesen Ort zurückkehren werden. Wir ahnen, dass wir uns hier in tiefgründige Gespräche vertiefen und neue Schätze in den noch unbekannten Büchern gemeinsam entdecken werden, während wir die köstlichen Veggieburger mit Pommes und BBQ-Sosse verspeisen. Hach, das Leben kann so schön sein.
  1. Der Besitzer beider Lokale, Prem, sitzt an unserem Tisch im Garten und erklärt Tatiana, Aaron und mir, wie er auf den Namen seiner beiden Lokale gekommen ist. Prem ist ein indischer Mann Anfang dreißig, gebürtig aus Tiruvannamalai und durchbricht das gesellschaftliche Korsett aus Zwangsheirat, Familiengründungszwang und Druck, einen Job mit möglichst viel Status zu haben (Ärzte und Anwälte sind hoch im Kurs). Er berichtet, dass er Seminare zur Heilung seines Inneren Kindes besucht habe und mit dem Cafe einen Ort schaffen wollte, wo Raum für Wildheit, Genuss und Heilung ist. Er lebt in einem der Gästezimmer des Cafes und kocht das Frühstücks-Rührei selber, wenn sein Koch frei hat. Er macht keinen Hehl daraus, dass er schwierige Zeiten hatte und daher einen Ort erschaffen wollte für Menschen, die vielleicht auch gerade schwierige Zeit durchmachen, und Zuflucht und Ruhe finden wollen. Und leckeres Essen 😁

Dankeschön, Tiruvannamalai….

Tiruvannamalai, wenn du ein Mensch wärst, dann würde ich jetzt deine Hände sanft in meine nehmen und liebevoll drücken und wortlos in Gedanken “Danke” zu Dir sagen. Ich würde dir in die Augen schauen und lächeln, damit du spüren kannst, dass ich dich mag und dass du mein Herz berührst hast. Es war mir eine Freude. Bis zum nächsten Mal.

Link zum Instagram Profil von The Inner Child Restaurant

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Alles Liebe,

Deine Salome

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